Jörg Schemmann und Günter Derleth
 Jörg Schemmann und Günter Derleth

 Jörg Schemmann und Günter Derleth

Ausstellung

Sonntag, 12. Mai bis Sonntag, 9. Juni 2024

Ausstellungseröffnung am Sonntag, 12. Mai 2024 um 11 Uhr

Alte Mühle Eichhofen

Auf den Gemälden des Malers Jörg Schemmann sieht man keinen Horizont, nur die Weite des Himmels. In seinen häufig großformatigen Gemälden ist es das kontrasterzeugende Licht, das in einer schwerelosen Bildwelt Tiefe und Raum erzeugt.  Der vom eigentlichen Bildgegenstand gelöste Schatten vermittelt einen imaginären Raum-, aber gleichfalls mit dem Anspruch der unendlichen Fortführung. Die von Ferne wie Fotografien anmutenden Bilder erweisen sich bei Annäherung des Betrachters  als Malerei, die mit Realität oder Abbildhaftigkeit wenig zu tun hat. Der  Betrachter wird dabei auf magische, stille Weise ins visuelle Geschehen des Bildraums eingebunden.

Die Arbeiten von Günter Derleth sind bezaubernd – die Zeit bleibt stehen und wir sehen die Welt mit anderen Augen: Tauchen Sie in dieser Ausstellung in Welten ein, in denen Sie die Kraft der Langsamkeit entdecken.

Günter Derleth wurde 1941 in Nürnberg geboren. Nach einer Ausbildung zum Schriftsetzer und Beschäftigungen in Stuttgart und Zürich hatte er in der Schweiz die ersten Kontakte zur Fotografie-Szene, die ihn dazu brachten, in Nürnberg eine Ausbildung zum Fotografen und Assistenzen in verschiedenen Fotostudios zu machen, bis er von 1971-2002 sein eigenes Studio für Werbefotografie in Fürth betrieb. Seit 1993 beschäftigt er sich intensiv und seit 2003 ausschließliche mit der künstlerischen Auseinandersetzung mit der Camera Obscura. Günter Derleth wurde mit dem Kodak-Fotobuchpreis und den BFF-Awards in GOLD und BRONZE ausgezeichnet und ist sowohl Künstler des Monats der Metropolregion Nürnberg und Sonderpreisträger der Stadt Fürth.


Zwei Künstler zelebrieren Blühendes


Artikel von Julia Weigl-Wagner M.A.
Lichtung Verlag im April 2024

Jörg Schemmann und Günter Derleth in der Alten Mühle in Eichhofen

Jörg Schemmann (*1959 in Hagen) malt mit Pinsel, Günter Derleth (*1941 in Nürnberg) mit Licht. Erst scheint es so, als hätten die beiden Künstler nichts miteinander zu tun. Doch so unterschiedlich ihr Weg zum Bild auch sein mag, sie schulen unsere Sehweise, mahnen unsere Augen mal in die Ferne zu schauen, um dann wieder zu fokussieren, verführen uns dazu, den jeweiligen Gegenstand loszulassen, um ihn gleich wieder einzufangen oder aber – draufzubleiben, lange, um zu sehen, was passiert.

Während ich versuche, das Wesentliche der beiden Positionen zu ergründen, schiebt sich vor mein geistiges Auge ein Bild, das mir in Japan begegnet ist. Auf einer Hochebene in den japanischen Alpen steht eine begehbare Lochkamera aus verwittertem Holz. Sie ist das Relikt eines Foto-Workshops für Kinder. Ein kleines Loch in der dunklen Kammer gibt den Blick frei auf das malerische Motiv mit Bergen, einem See, Sträuchern, Bäumen und Blumen. Diese unbeschreiblich schöne Landschaft hat nur einen Makel. Sie steht auf dem Kopf.

Vielleicht liegt in dieser begehbaren Lochkamera in Japan der Schlüssel zum Verständnis der beiden Positionen, die Daniela Schönharting, Kuratorin der Mühlenkunst verbindet. Beide zelebrieren in der ehemaligen Kunstmühle Blühendes – anmutig und doch frei von jeglicher Überhöhung. Beide bedienen sich einer gewissen Unschärfe, um den Charakter ihrer Motive zu erfassen. Bei beiden scheint die Zeit still zu stehen. Das wirkt hinein ins Betrachten.

In den 90er Jahren verließ der gelernte Werbefotograf Günter Derleth die Welt der hochglänzenden Tiefenschärfe, um sich dem Ursprung der Lichtbildnerei zu nähern. Derleths Fotogramme und Camera obscura-Arbeiten zeigen große Tiefe und leise Bewegung. Palmkohl, Rosenkohl, ein Christrosenblatt – ausgebreitet auf lichtempfindlichem Papier, fotografieren und entwickeln sich diese Motive selbst. Nach fünf Tagen „erntet“ der Fotograf. Die verwunschen verwischte Vergänglichkeits-Ästhetik seiner Stillleben erzielt Derleth mit Lochkamera und zehn Minuten Belichtung, festgehalten unter anderem im prämierten Band „… immer viel Licht“, ausgezeichnet in der Kategorie der besten Independent Bücher mit dem Deutschen Fotobuchpreis 23/24 in Silber. Wegen der besonderen Körnung des abgelaufenen Films ähneln Derleths Blumenstilleben nur auf den ersten Blick denen des Langzeitextremisten Michael Wesely.

Den Zauber der Natur preisen ebenso Jörg Schemmanns Bildwerke. Die frühen Arbeiten des Künstlers charakterisiert das schattenlos Unendliche, großformatig ins Bild gesetzter, himmelwärts strebender Kiefern. Es folgten Landschaften, Berge und – Blühendes. Zier-Johannisbeere, Begonie, Kirschblüten oder Waldreben setzt Schemmann in einer Malweise auf Leinwand oder Papier, die sucht und findet. Der Betrachter nimmt sowohl den Prozess als auch das fertige Gemälde wahr, weil am Ende alles eins ist, Harmonie und Begegnung mit der Natur. Von Weitem wirken Schemmanns Werke wie Fotografien. Erst bei näherem Hinsehen wird deutlich, wie sehr sich der Künstler im Malprozess vom Gegenstand entfernte, um ihm schließlich auf der Suche nach seinem Wesen, Schicht für Schicht in unverkennbarem Strich wieder zu begegnen.